„Ich bin mehr als HIV“ – Petes zweiter Frühling

Zeichnung von Petes Sohn für seine Mama: “Du bist die beste Mutter der Welt!” (Foto: DAH)

Zeichnung von Petes Sohn für seine Mama: “Du bist die beste Mutter der Welt!” (Foto: DAH)

Pete ist HIV-positiv – und obwohl die Diagnose längst kein Todesurteil mehr ist, haben Menschen wie sie immer noch mit Vorurteilen und Diskriminierung zu kämpfen. Doch Pete hat noch ein ganz anderes „Problem“: Sie kommt nicht aus Deutschland.

Petes Lächeln ist furchtbar ansteckend. Es fängt bei ihren eisblau blitzenden Augen an, wandert weiter über die unzähligen Lachfältchen und mündet in ihren weit angehobenen Mundwinkeln, die schneeweiße Zähne freigeben. „Ich bin sehr glücklich, seit ich hier bin“, sagt Pete (Name geändert, Anm. d. Red.) und schiebt einen Satz hinterher, der auf den ersten Blick so gar nicht in den Kontext passen will: „Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt – und ich weiß nicht, ob ich dieses Glück auch hätte, wenn ich kein HIV hätte.“ Da ist es wieder, dieses unnachahmliche Lächeln – es ist das Einzige an Pete, das ansteckend ist.

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Migrantinnen und Migranten mit HIV/Aids in Deutschland
مهاجرین حامل اچ آی وی و ایدز

BundesEin erheblicher Teil der Menschen nichtdeutscher Herkunft hat in Deutschland schlechtere Gesundheitschancen. Die Gründe liegen zum Beispiel in einer bisher nicht ausreichenden Öffnung des Gesundheitsversorgungssystems für Migrantinnen und Migranten, kulturellen und sprachlichen Barrieren sowie einer teilweise migrationsbedingten sozioökonomischen Benachteiligung.

21 Prozent der HIV-Neuinfektionen werden mittlerweile bei Menschen festgestellt, die aus Regionen der Welt zu uns gekommen sind, in denen das Virus besonders heftig wütet. Bei den Aids-Neuerkrankungen machen Menschen nichtdeutscher Herkunft einen – gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung – überproportional hohen Anteil aus. Viele HIV-positive Migrantinnen und Migranten begeben sich zudem erst sehr viel später in medizinische Behandlung als deutsche Patient(inn)en und erleiden so schwere gesundheitliche Schädigungen. Ein Grund dafür ist, dass vielen Menschen mit Migrationshintergrund der Zugang zu Informationen über HIV und AIDS sowie zu einer angemessenen medizinischen Behandlung auf vielfältige Weise erschwert ist.

Schlechtere Chancen für Gesundheit

Unter dem Begriff „Migrantinnen und Migranten“ werden sehr viele sehr unterschiedliche Menschen zusammengefasst: Das Spektrum reicht von in Deutschland geborenen Menschen, deren Familien nun schon in der dritten Generation in Deutschland leben, bis hin zu Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in oft besonders prekären Lebenssituationen.

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Manchmal muss es eben MuMM sein …

Wer bei „Mumm“ an ein alkoholisches Getränk denkt, liegt an dieser Stelle
falsch. Hier nämlich ist „Mut“ gemeint. Den braucht beispielsweise, wer in der eigenen
Community über HIV informieren und aufklären will. MuMM ist daher ein passendes Kurzwort für ein DAH-Projekt mit dem etwas sperrigen Titel „Migrantinnen und Migranten als Multiplikator/innen für die HIV/STI-Prävention“.

Sich engagieren und Wissen weitergeben

Von Januar bis April 2012 haben sich in Berlin 19 Frauen und Männer zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für die Prävention von HIV und anderen sexuell
übertragbaren Infektionen (STIs) schulen lassen. Unterrichtet wurde in den Räumen
der Berliner Aids-Hilfe – freitagnachmittags und an zwei Wochenenden, insgesamt  65Stunden. Einerseits ging es um den Erwerb von Grundkenntnissen zu HIV/Aids
und anderen STIs, zum Gesundheitssystem nicht unbedingt mit Schwangerschaftsverhütung aus, während heterosexuelle Frauen
und Männer nicht immer in Sachen schwules Leben und schwuler Sex Bescheid
wussten. Ein anderes Beispiel: Manche Teilnehmer hatten bereits mit Drogen
zu tun gehabt, andere dagegen nicht.
„Drogen waren für mich ein ganz unbekannter Bereich“, erzählt Dorin aus Rumänien.
Weil er in seinem Herkunftsland HIV-positive Freunde habe, wolle er sich in
diesem Feld engagieren und erfahren, wie in Deutschland, zur Schwangerschaftsverhütung und zur Schadensminderung beim
Drogenkonsum. Zugleich lernte die Gruppe Methoden zur partizipativen Erfassung
des Gesundheitswissens und des Präventionsbedarfs einer Community kennen. Ein
Training zum Erwerb interkultureller Kompetenzen rundete das Lernprogramm ab.
„Die Berliner Gruppe ist besonders stark gemischt“, berichtet Nozomi Spennemann
vom Verband für Interkulturelle Arbeit, die MuMM am Spree-Standort leitet. „Die Teilnehmer stammen aus Afrika, Ostasien und Osteuropa und haben sehr verschiedene
Motivationen, Hintergründe und Sprachniveaus. Diese Vielfalt hat die Zusammenarbeit
zwar nicht gerade erleichtert, aber immer bereichert.“

Erste Projekte sind bereits realisiert

Kiumars aus dem Iran hat mit Unterstützung der Aidshilfe eine Aufklärungsbroschüre
in persischer Sprache erarbeitet. Die will er jetzt in seiner Community streuen. „Ich
habe aber noch mehr Ideen, wie ich das Gelernte umsetzen kann“, sagt Kiumars.
Für Kiumars aus dem Iran war nicht nur wichtig, dass er eine Menge Neues über
die rechtliche Situation von Migranten erfahren hat: „Vor allem hab ich auch tolle
Leute kennengelernt, die genauso denken wie ich und sich engagieren wollen.“

“ Ulaş, der vor neun Jahren aus Ankara nach Berlin kam, möchte seine Kenntnisse am liebsten an Vorstände türkischsprachiger Vereine weitergeben. „Es gibt dort ein Potenzial, das man aktivieren müsste – Schlüsselpersonen können das.

Manchmal muss es eben MuMM sein 01

Kiumars (li.), DAH-Projektleiterin Tanja Gangarova & Ulaş (re.) beim Motzstraßenfest in Berlin

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MuMM-Projekt der Berliner Aidshilfe e.V.

MuMM-Projekt der Berliner Aidshilfe e.V.Migrantinnen und Migranten als Multiplikator/innen für die HIV/STI-Prävention

Wer mit Mumm nur den Namen für ein alkoholisches Getränk verbindet, liegt an dieser Stelle falsch. Die Assoziation mit dem anderen Mumm, das für Kühnheit, Mut oder auch Unerschrockenheit, ist durchaus gewollt: MuMM kürzt den etwas sperrigen Titel „Migrantinnen und Migranten als Multiplikator/innen für die HIV/STI-Prävention“ treffend ab.

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