Welt-Aids-Tag 2023 – „Lasst die Communities führen“
HIV-Aufklärung, -Prävention und -Behandlung sind Rechte für alle Menschen.
Vermeiden von Stigmatisierung & Diskriminierung ermöglicht jedem Menschen, diese Rechte zu nutzen. Kiumars Seraj Elahy
Inzwischen sind über 42 Jahre seit der Erkennung von AIDS als eigenständige Krankheit vergangen (1. Dezember 1981) und leider infizieren sich noch immer viele Menschen in der Iranischen Gesellschaft mit HIV.
HIV und AIDS sind im Iran nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu.
Es gibt keine Aufklärung, weder im Radio oder im Fernsehen, noch auf Plakaten oder in sonstigen gedruckten Medien. In den Schulen existieren Themen wie Sex, Verhütung oder Aids einfach nicht.
Alles was die Menschen darüber wissen, erfahren sie heutzutage aus dem Internet.
Eine tödliche Krankheit wie AIDS schürt Ängste und Sorgen in allen menschlichen Gesellschaften, insbesondere dann, wenn mangelndes Wissen Bewusstsein und Vertrautheit ersetzt.
Viele Menschen glauben, daß diese Krankheit meist Drogenkonsumenten, Prostituierte, Transsexuelle und Homosexuelle betrifft (Homosexualität ist überdies noch per Gesetz verboten). Menschen dieser Risikogruppen werden sehr verachtet, weil sie nach den Vorstellungen und dem Glauben eines Großteils der Gesellschaft unmoralisch und zudem, vor allem in den Augen religiöser Fanatiker, ein sündhaftes Leben leben.
Im Islam ist der außereheliche Geschlechtsverkehr verboten. Und demnach darf es Prostituierte eigentlich gar nicht geben. Im Iran infizieren sich immer mehr Prostituierte an HIV.
Die Arbeitslosigkeit unter Frauen ist drei Mal höher als bei den Männern. Das führe eben auch dazu, dass Frauen ihren letzten Ausweg in der Sexarbeit sehen. In einigen Fällen geraten die Frauen sogar mit Zustimmung oder gar durch Zwang des Ehemannes zu dieser Arbeit.
Obwohl HIV ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt und Männer und Frauen aus allen Schichten betrifft, haben viele Menschen Angst davor, von der Gesellschaft, von der Familie, von den Mitschülern und Arbeitskollegen nicht akzeptiert zu werden. Deswegen schweigen Betroffene lieber, sie fühlen sich minderwertig und ausgestoßen und leiden stattdessen unter Depressionen.
Seit ein paar Jahren ist der “Welt-Aids-Tag” vom Iranischen Kalender entfernt.
Im vergangenen Jahr hat die Iranische Islamische Regierung ein Gesetz verabschiedet, daß Kondome zu einer unnötigen Ware und einem Luxusartikel erklärt. Auf dieser gesetzlichen Grundlage wurde auch gleichzeitig der Import von Kondomen ins Land verboten.
Die iranische Regierung hat im August 2014 die Verhütung und Sterilisation (Vasektomie bei Männern und Tubektomie bei Frauen) verboten. Ayatollah Ali Khamenei hatte dazu aufgerufen, dass die Zahl der Einwohner des Landes wieder steigen müsse. Das Parlament folgte nun diesem Aufruf.
Auch die Werbung für Verhütungsmittel in der Presse verboten.
Ein neues „Gesetz für die Verjüngung der Gesellschaft“ im Iran droht bei Abtreibung die Todesstrafe an und geht zu Lasten der Frauen.
Die große Anzahl der HIV-Infizierten entstammt der Risikogruppe der Drogenkonsumierenden. Ein Drittel der HIV-Infektionen geht auf die Risikogruppe zurück, die nach iranischer Betrachtung illegale sexuelle Kontakte pflegt. Allerdings existieren diese Risikogruppen offiziell gar nicht!
Der Gesundheitsminister des Iran, Dr. Abbas Sedaghat sagt, daß sich HIV-Infektionen in den letzten Jahren, insbesondere durch sexuelle Kontakte, bei jungen Männern und Frauen um das 3- bis 4-fache erhöht hat.
Er erzählte jedoch nicht, daß die Aufhebung des Importverbotes von Kondomen ein wichtiger Weg zur HIV-Prävention und vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wäre.
Im Iran wird sehr wenig mit HIV-Prävention gearbeitet. In den Medien wird nichts berichtet und schätzungsweise nur 1% der Menschen weiß, wie man sich vor einer HIV-Infektion schützen kann.
Dr. Minu Mohrez, Chefin der AIDS-Forschungs-Abteilung, sagte vor acht Jahren, 99% der Patienten, die zu uns kommen, wurden durch sexuellen Verkehr mit HIV infiziert. Sie erklärte auch, daß die Anzahl der infizierten Frauen im Iran in diesem Jahr (2014) weiter gestiegen ist.
Heute, nach so vielen Jahren, ist laut Dr. Mohraz der allgemeine Wissensstand über AIDS im Iran sehr schlecht. Die HIV-Infektionsrate ist im Iran immer noch hoch, die Krankheit gelte in der Gesellschaft nach wie vor als Schande. Dies dränge HIV-Infizierte zur Verheimlichung und erschwere so die Erkennung und Behandlung der Krankheit, so die Forscherin.
Ebenso kann man sich nicht zu 100% sicher sein, daß Blutkonserven auf HIV getestet wurden. Viele Blutspendenempfänger werden daher durch verunreinigte Blutkonserven mit HIV infiziert.
Weil man sich teure Arzneimittel aus dem Westen nicht leisten kann oder will, hat der Iran zusammen mit Russland vor ein paar Jahren im Kampf gegen die Immunschwäche AIDS sein eigenes hochdosiertes pflanzliches Mittel entwickelt und behauptet, daß mit diesem Medikament die Ausbreitung von AIDS verhindert werden kann. Das iranische Forschungszentrum für HIV hat dieses Präparat, mit dem Namen “IMOD”, getestet und seine immunstärkende Wirkung bestätigt.
Viele Ärzte und Zahnärzte weigern sich, HIV-infizierte Menschen oder Menschen mit AIDS zu untersuchen oder zu behandeln.
Diese betroffenen Menschen haben im Iran keine Perspektive, denn letztlich bleibt AIDS trotz allem Tabu-Thema.
Einige von Ihnen kennen Ihre Rechte nicht. Auch kennen sie keine Anlaufstellen und wissen somit nicht, an wen sie sich wegen einer Diskriminierung wenden können. Aufklärungsprogramm über Aids für Schulen soll fürs Jahr 2015 zur Umsetzung kommen.
“Ich habe Angst dich zu berühren, denn du bist anders. Du kannst mich anstecken!” Leider ein trauriges Zitat, welches genau das zeigt, wogegen wir kämpfen!
Viele Menschen wollen reden und die Belastung ihre Nichtakzeptanz und/oder ihrer alltäglichen Diskriminierung loswerden.
Wir haben in diesem Land noch viel zu tun und es ist noch ein langer Weg im Kampf gegen HIV und AIDS. Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-positiver Menschen blockieren die Prävention und verletzen die Menschenrechte.