HIV-geschädigte Darmflora als Ansatz für neue Therapie

Die Mikroben im Darm sind wichtig für die Gesundheit.  Colourbox.de

Die Mikroben im Darm sind wichtig für die Gesundheit. Colourbox.de

Wer mit dem Aids-Erreger HIV infiziert ist, trägt vermehrt schädliche Darmbakterien in sich. Die könnten daran schuld sein, dass HIV-Patienten anfällig für Herzinfarkte und Schlaganfälle sind. Vielleicht bringen sie aber auch neue Therapiemöglichkeiten.


Der Aids-Erreger HIV verändert offenbar die Darmflora und schädigt dadurch die Gesundheit von Infizierten zusätzlich. In einer Studie wiesen Mediziner aus San Francisco nach: In der Darmschleimhaut von HIV-Patienten kommen besonders viele Bakterien vor, die chronische Entzündungen verursachen können. Das berichten die Forscher im Fachblatt “Science Translational Medicine”. Möglicherweise könnten Veränderungen der Mikroben-Gemeinschaften die HIV-Therapie verbessern, schreiben die Wissenschaftler.

Die Darmflora – also die Mikroben im Darm – ist wichtig für die Gesundheit, das zeigen verschiedene Studien. Wenn sich die Mikroben-Gemeinschaft verändert, werden diverse Krankheiten begünstigt. Gleichzeitig befällt der HI-Virus vor allem die im Darm besonders reichlich vertretenen Immunzellen. Nun untersuchten die Mediziner von der University of California in San Francisco die Mikrobengemeinschaften in der Darmschleimhaut: Dabei verglichen sie Patienten, die mit HIV infiziert sind, mit nicht-infizierten Männern.

Besonders betroffen: schwer Erkrankte und Patienten in Therapie

Bei den HIV-Patienten fanden sie besonders viele schädliche Bakterien wie Pseudomonas, Escherichia coli, Salmonellen oder Staphylokokken. Und sie entdeckten Anzeichen für Entzündungsprozesse. Bei zwei Gruppen gediehen die Keime besonders gut: bei Patienten mit schwerer Erkrankung – aber auch bei jenen Infizierten, die sich speziell behandeln ließen, nämlich mit einer antiviralen Therapie.

Nur bei einem einzigen HIV-Patient war die Darmflora ähnlich zusammengesetzt wie bei der nicht-infizierten Vergleichsgruppe: Er ist zwar mit HIV infiziert, doch seine Erkrankung schreitet nicht fort – obwohl er sich eben keiner Therapie unterzieht.

Mögliche Folge: chronische Entzündungen – und Herzinfarkte

Dabei sind die Bakterien gefährlich: Manche könnten den Darm direkt schädigen, chronische Entzündungsprozesse im Körper auslösen und so die Folgen der Infektion verschlimmern, vermuten die Forscher. Solche systemischen Entzündungen wiederum schädigen auch die Blutgefäße. Damit könnte die veränderte Darmflora erklären, warum HIV-Patienten sehr anfällig für Herz-Kreislauferkrankungen sind.
Die Mediziner hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse auch die HIV-Therapie verbessern könnten: “Diese Mikroben-Gemeinschaften könnten neue Wege für therapeutische Eingriffe darstellen, die eine mit HIV verbundene Immunpathologie verhindern oder umkehren sollen”, schreiben sie. Bei Affen hätten Forscher schon Therapieansätze gefunden: Tiere, die mit SIV infiziert waren – also einem ähnlichen Virus wie dem HIV – waren mit Antibiotika, Probiotika oder Präbiotika behandelt worden – mit ermutigenden Ergebnissen.

focus.de