Im November 2013 erkrankte der HIV-positive Elektrotechniker Georg* (39) aus München zum zweiten Mal an Hepatitis C. Zum Glück gibt es inzwischen viel besser verträgliche Medikamente. Ein Interview mit dem ehemaligen „Mr. Leather Bavaria“
Georg, was hat dein Arzt gesagt, als er bei dir zum zweiten Mal Hepatitis C festgestellt hat?
Er meinte nur: „Sie haben offenbar ein glückliches Händchen für Hepatitis C. Aber machen Sie sich keinen Kopf, das schaff’mer auch.“ Ich habe ihm gleich gesagt: „Nach Möglichkeit bitte keine Interferon-Therapie mehr!“
Wegen der Nebenwirkungen. Ich konnte während der Therapie teilweise nicht mal mehr Treppen steigen. Psychische Probleme kamen auch dazu: Angstzustände, vor allem im Beruf. Trotzdem war ich in den 48 Wochen Therapie nur drei Wochen krankgeschrieben.
Die erste HCV-Infektion ist über fünf Jahre her. Wie hast du dich nach der zweiten Diagnose gefühlt?
Ich war geschockt. Ich fiste aktiv und passiv, aber nur mit Handschuhen. Ficken tu ich nur mit Gummi. Woher hatte ich es also? Nach der Diagnose hatte ich Panik: Pack ich die Therapie noch mal? Meine Leberwerte haben sich leicht verbessert. Es besteht noch Hoffnung, dass die Hepatitis C von allein weggeht. Deshalb haben wir beschlossen: Wir warten, bis die neuen Medikamente ohne Interferon verfügbar sind.
Wann hast du erstmals von den neuen Hepatitis-C-Therapien gehört?
Letztes Jahr. Die erste Reaktion war: Die will ich haben! (lacht) Der hohe Preis hat mich natürlich abgeschreckt. Mir war damals klar, dass ich sie als Kassenpatient gar nicht bekommen kann.
Inzwischen haben die Kassen angekündigt, die neuen Therapien zu finanzieren. Fängst du jetzt mit der Therapie an?
Ja, voraussichtlich Anfang Mai will ich damit beginnen. Bei meinem nächsten Termin bei meinem Doc werde ich sagen: „Ich will die neuen Tabletten jetzt haben und das Virus endlich loswerden! Meine Leber wird ja nicht besser.“
Was wusstest du über Hepatitis C, bevor du dich damit angesteckt hast?
Recht viel. Ich war immer auf Vorträgen bei meinem HIV-Schwerpunktarzt. Da ging es um HIV und mögliche Ko-Infektionen. Als ehemaliger Träger des Titels „Mr. Leather Bavaria“ hab ich dann einen Workshop zu Hepatitis C gemacht, gemeinsam mit dem Münchner Löwen Club und der Münchner Aidshilfe.
Worum ging es da?
Um die neuen Medikamente, die Übertragungswege und Desinfektionsmöglichkeiten. Das Hepatitis-C-Virus kann ja außerhalb des Körpers bis zu drei Wochen überleben. Das muss man bei der Desinfektion von Liegeflächen oder Sexspielzeug beachten. Man sollte spezielle Desinfektionsmittel verwenden und sie lange genug einwirken lassen. Das heißt auch, dass man einen Dildo nicht gleich nach der Desinfektion wieder verwenden darf. Und wenn man frische Handschuhe angezogen hat, sollte man damit möglichst nicht Liegeflächen oder Ketten des Slings berühren.
Konntest du den Leuten viel Neues erzählen, oder wissen die Fetisch-Fans schon alles über Hepatitis C?
Die meisten sind überrascht. Mit HIV und Syphilis kennen sich alle aus, aber Hepatitis C ist die große Unbekannte, die man sich nebenbei einfängt.
Lassen dich manche Sexpartner abblitzen, weil du Hepatitis C hast?
Privat gab es nur in drei Fällen negative Reaktionen. Alle drei waren Play-Partner, mit denen ich schon gespielt hatte. Einer hat mir offen gesagt: Das ist mir zu riskant. Das fand ich in Ordnung. Die zwei anderen haben mir nichts gesagt. Aber später habe ich erfahren, dass sie mit anderen abfällig über mich und meine Infektion gesprochen haben. Das ist doch verrückt: Jemand spricht ehrlich über seine Krankheit und wird dann ausgegrenzt! Viel schlimmer ist doch, wenn die Beteiligten nichts erfahren und sich nicht schützen können.
Ist dir so etwas Ähnliches auch schon wegen HIV passiert?
Nein. HIV ist bekannter. Hepatitis C dagegen ist für viele ein großer dunkler See, bei dem niemand weiß, wie tief er ist und was unter der Oberfläche ist. Da wagen sich die Leute nicht weit raus.
Hat Hepatitis C dein Sexleben verändert?
Ja, nach meiner Infektion dachte ich sogar: Jetzt reicht’s, ich werde ich asexuell! Mein Arzt hat mir aber gesagt: „Für Abstinenz sind Sie noch zu jung. Lassen Sie sich wegen einer Infektion nicht vom Leben abhalten!“ Und natürlich haben mich meine Freunde unterstützt und gesagt: Komm doch mal wieder mit. Oder sie haben mich zu privaten Partys eingeladen, wo nur drei, vier Leute waren. Sie haben mir Mut gemacht und gesagt: Wir passen schon auf, dass nichts passiert.
*Name geändert
Interview: Philip Eicker
Quelle: Deutsche AIDS-Hilfe | magazin.hiv